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Pflegedienst Föry

Altenpflege in Deutschland: Im Gespräch mit Pflege-Expertin Renata Föry

Im Jahr 2019 waren in Deutschland rund 4,1 Millionen Menschen pflegebedürftig. Diese Menschen sind auf ausgebildete Pflegekräfte angewiesen, weil sie sich nur bedingt selbst versorgen können. Pflegekräfte werden aber nicht nur in Krankenhäusern und Altenheimen gebraucht. Auch in der häuslichen Pflege besteht eine große Nachfrage.

Wir von BESSER DEUTSCH haben mit Renata Föry, der Geschäftsführerin von Seniocare24 (www.seniocare24.de) über die Situation in Deutschland und die Herausforderungen gesprochen. Im Interview gibt die Geschäftsführerin der Vermittlungsagentur interessante Einblicke in die Branche und packt auch heiße Eisen wie das Thema Schwarzmarkt an.

Besser Deutsch: Frau Föry, Sie sind mit Ihrem Unternehmen seit 17 Jahren im Bereich Pflege tätig. Welche Punkte haben sich in dieser Zeit in der Branche am meisten gewandelt?

Seit 17 Jahren kämpfe ich als eine der ersten Vermittlungsagenturen, die sich für legale Pflege zu Hause einsetzt, einerseits für möglichst gute Löhne für Betreuungskräfte und andererseits für leistbare Konditionen für die pflegebedürftigen Menschen.

Das ist selbstverständlich einen Spagat: Einerseits können die Menschen in Deutschland nicht unbegrenzt hohe Preise bezahlen, anderseits sollte der Lohn einer Betreuungskraft so hoch wie möglich liegen. Wir müssen eine Lösung finden, mit denen beide Seiten zufrieden sind.

Als Polin würde ich am liebsten eher heute als morgen sicherstellen, dass alle Betreuungskräfte mindestens 2.000 Euro netto verdienen – oder mehr. 2.000 Euro netto für die Pflegekraft bedeutet jedoch einen Endpreis von ca. 3.500 bis 4.000 Euro brutto für den Kunden. Das kann aber kaum jemand bezahlen.

Selbst bei unseren niedrigen Preisen hören wir immer wieder, wir seien zu teuer. Wir bekommen ständig Absagen mit der Begründung, man habe eine „private Lösung“ gefunden. Mit „privater Lösung“ ist nichts anderes als Schwarzmarkt gemeint.

Seit vielen Jahren beobachte ich die Entwicklung und seither wird von der Politik nichts unternommen. Jeder Politiker schiebt die Schuld oder die Verantwortung anderen zu.

So wächst der Schwarzmarkt von Jahr zu Jahr. Vor 17 Jahren war die Rede von nicht einmal 100.000 schwarz abreitenden Pflegekräften in Deutschland. Mittlerweile sind es rund 700.000.

Man weiß, dass ohne diese rund 700.000 Pflegekräfte aus Osteuropa das komplette Pflegesystem in Deutschland wahrscheinlich zusammenbrechen würde. Gingen all diese Betreuungskräfte morgen nach Hause, gäbe es nicht einmal genug Pflegeheimplätze.

Fragen Ihre Klienten nach Pflegekräften aus bestimmten Ländern und gibt es dafür einen speziellen Grund?

Unsere Kunden fragen vor allem nach Pflegekräften aus Polen und Ungarn. Oft, weil ihre Vorfahren aus diesen Ländern stammen oder weil man viel Positives über die Betreuerinnen aus diesen Ländern gehört hat. Die Mentalität spielt dabei oft auch eine Rolle und man möchte für seine Angehörigen dann eine Pflegekraft aus diesem Land.

Kurz gesagt, wir haben sehr viele Kunden, die sich eine ungarische Pflegekraft wünschen. Allerdings haben wir bis jetzt nur eine Agentur aus Ungarn, mit der wir zusammenarbeiten. Wir würden uns freuen, wenn wir die Zusammenarbeit zwischen Ungarn und Deutschland in der nächsten Zeit weiter ausbauen können.

Auf welche Bedenken stoßen Sie in Ihren Beratungsgesprächen mit Kunden und sind diese immer begründet?

Bei jeder Beratung und Vermittlung ist uns wichtig, das beide Seiten gut miteinander harmonieren. Die Chemie muss einfach passen.

Eine Pflegekraft muss sich relativ schnell in der Familie einleben. Stimmt die Chemie nicht, müssen wir dann ganz schnell eine Alternative finden, damit keine von beiden Seiten darunter leidet. Wichtig ist auch, dass die Betreuungskraft die Wertschätzung erhält, die sie verdient und nicht ausgegrenzt wird. Nur wenn beide Seiten zufrieden sind, sind wir es auch.

Wo sehen Sie die größten Probleme der Branche?

Die größten Probleme der Branche sind Mindestlohn, Bezahlung und Ausbeutung.

Für uns war von Anfang an klar, dass die Bezahlung und Stundenabrechnung nur mit seriösen Agenturen funktionieren kann. Seit Jahren haben wir in unseren Verträgen Stundenbegrenzungen 

vereinbart. Das heißt, jede entsendete Betreuerin kennt Ihre Aufgaben und Tätigkeiten und die dazu gehörende Arbeitszeit.

Fällt die Stundenanzahl einmal höher aus, dann meldet sie Ihrem Arbeitgeber, dass sie mehr gearbeitet hat und der wiederum informiert uns. Wir müssen dann mit dem Kunden neu verhandeln. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Betreuungskraft während der Nachtunruhe aufstehen muss. Dann berechnen wir die Zeit neu und die Kosten werden etwas steigen.

Wir wissen allerdings, dass sehr viele Menschen von vornherein auf den Schwarzmarkt gehen, um die Stundeproblematik zu umgehen und eine billigere Pflegekraft zu bekommen. Billiger, weil sie keine Sozialabgaben, Steuer und Versicherung bezahlen. Diese Pflegekräfte sind dann aber gewissermaßen auch „rechtlos“.

Für dieses Problem gäbe es zwei einfache Lösungen: Entweder eine finanzielle Gleichstellung von stationärer Pflege und der Betreuung zuhause bei Nachweis einer Betreuungskraft mit einem legalen Vertrag oder ein Pflegebudget, das nicht zweckgebunden ist.

Das würde den Schwarzmarkt austrocknen, geregelte Bedingungen schaffen und bessere Löhne für Pflegekräfte ermöglichen. Aber es passiert nichts. Es wird hie und da gerne mal nach besserer Bezahlung für Betreuungskräfte gerufen, aber die Rahmenbedingungen werden trotzdem nicht verändert.

Solange man für eine Unterbringung in einem Pflegeheim dreimal mehr Pflegegeld bekommt wie für eine Pflege zu Hause, wird es finanziell nicht möglich sein, höhere Löhne für diese Pflegekräfte zu bezahlen. 

Bei einem Rentenniveau von etwa 1200 Euro und dem niedrigen Pflegegeld sind höhere Preise und dadurch auch höhere Löhne nicht zu erreichen.

Welche drei Tipps würden Sie jemanden mit auf den Weg geben, der sich in Deutschland als Pflegekraft bewerben will?

Meine persönlichen Tipps, die ich aus meiner Erfahrung jeder Pflegekraft mit auf den Weg geben kann, sind:

Erstens: etwas Erfahrung im Umgang mit kranken und/oder pflegebedürftigen Patienten sollten Sie mitbringen. Nützlich sind zum Beispiel Griffe bei der Hilfe aus dem Rollstuhl oder aus dem Bett und Kenntnisse über den Umgang mit Demenz- oder Alzheimerpatienten. Ganz wichtig ist auf jeden Fall Geduld und ein liebevoller Umgang mit Menschen.

Zweitens: Sprachkenntnisse der Deutschen Sprache, um Missverständnisse zu vermeiden und um sich sicher im Umgang mit pflegebedürftigen Menschen zu fühlen. Gute Sprachkenntnisse tragen auch enorm zur Vertrauensbildung bei. Und: je besser eine Betreuungskraft Deutsch spricht, um so mehr verdient sie.

Drittens: das Bewusstsein, dass man mindestens 6-8 Wochen von seiner Familie im Heimatland getrennt ist. 

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